Verdrängung wohnungsloser Menschen aus dem öffentlichen Raum – Aktion zum Tag der Wohnungslosen
Der öffentliche Raum ist in unserem aktuellen System, dem Kapitalismus, ein Ort des Konsums und Profites. Neue schicke Läden, Begrünung nur für das Außenbild, unendlich teure Sanierungen von Bahnhöfen und und und… Für diese Dinge wird Geld in die Hand genommen, denn das Ziel ist es dadurch die Menschen in die Stadt zu locken und in der Stadt zu halten, die dort ihr Geld lassen.
Aus unserer Perspektive sollte der öffentliche Raum aber viel eher ein Ort für Begegnung, für Freizeit, für Austausch und eben für ALLE sein. Der öffentliche Raum ist also geprägt von widersprüchlichen Interessen und spiegelt somit sehr beispielhaft das kapitalistische System wider. Während einige wenige Menschen die Macht haben ihre Interessen durchzusetzen und nur für ihren eigenen Profit sorgen, werden die Interessen vieler anderer Menschen vernachlässigt.
Nun ist aber nicht nur die Gestaltung des öffentlichen Raums ein Ergebnis des kapitalistischen Systems und Wettbewerbs sondern auch die daraus entstehenden negativen Folgen, wie zum Beispiel Armut und Wohnungslosigkeit. Dabei liegt es aber nicht im Interesse der Kapitalist*innen, dass diese Folgen ihrer Politik öffentlich zu sehen sind. Im Gegenteil, es wird mit allen Mitteln versucht Menschen, die das Bild der glänzenden und gut zu verkaufenden Stadt stören, zu verdrängen.
Die Verdrängung wohnungsloser Menschen aus dem öffentlichen Raum findet durch verschiedene Maßnahmen statt. Einige davon müssen immer wieder als solche entlarvt werden, da sie für Nicht-wohnungslose Menschen häufig erst gar nicht als Verdrängungsmaßnahmen erkannt werden. Dazu zählt unteranderem defensive oder auch menschenfeindliche Architektur: Bänke, die in einzelne Sitze unterteilt oder so geformt sind, dass man darauf nicht liegen kann. Gitter und Stäbe, die so platziert sind, dass eigentlich freie Flächen blockiert sind. Der Instagramaccount @hostile_germany dokumentiert die verschiedenen Orte an denen insbesondere in Stuttgart aber auch in anderen deutschen Großstädten defensive Architektur zu erkennen ist. Darüber hinaus zählen auch Maßnahmen wie ständig laufende, laute, häufig klassische Musik, wie beispielsweise am Stuttgarter Hauptbahnhof, zu eben diesen Verdrängungsmaßnahmen. Oder auch verschiedene Verbote an öffentlichen Orten, die genau die Menschengruppen betreffen, die sich dort nicht aufhalten sollen. Also beispielsweise das Verbot von Alkoholkonsum oder das Bettelverbot. Damit einher gehen verstärkte Polizeipräsenz und -kontrollen, sowie vermehrte Einsätze von Sicherheitsdiensten, die die Geschäfte von Unternehmer*innen, Bahnhöfe und andere Orte des öffentlichen Raums vor unerwünschten Personengruppen „schützen“ sollen. Auch Maßnahmen wie kostenpflichtige Toiletten tragen zu einer beschränkten Nutzung des öffentlichen Raums für alle bei.
Die beschriebenen Verdrängungsmaßnahmen sind häufig eben dort zu finden, wo wohnungslose Menschen sich für gewöhnlich aufhalten: Bahnhöfe, Unterführungen, vor Geschäften, auf (eigentlich) freien Flächen etc. Das Ergebnis dessen ist, dass die Menschen sich neue Orte suchen müssen und unsichtbar gemacht werden. Die Politik der Kapitalist*innen sorgt also unteranderem durch immer teurer werdenden Wohnraum und durch die fortschreitende Privatisierung und Gentrifizierung dafür, dass Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit erst entstehen und zeitgleich versucht sie, durch die Verdrängung wohnungsloser Menschen genau das zu vertuschen.
Genau deshalb ist es wichtig, immer wieder durch beispielsweise Aktionen wie diese auf diesen Missstand aufmerksam zu machen: Heute am Tag der Wohnungslosen (11.9.) haben wir deshalb verschiedene Orte in Stuttgart markiert, an denen durch bauliche und weitere Maßnahmen wohnungslose Menschen verdrängt werden sollen.
Denn wir stehen für eine Gestaltung des öffentlichen Raums, die sich an gesellschaftlichen Interessen und somit an den Interessen aller Menschen orientiert. Wir stellen uns gegen eine Stadt als Schauplatz des Kapitalismus. Denn die Frage ist: Wem gehört die Stadt? Wir sagen: Die Stadt gehört uns ALLEN!