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EM 2024 General Sozialkampf

Die ganze Stadt (k)ein Stadion?! – Verdrängung

Für einen ganzen Monat heißt es in Stuttgart: „Die ganze Stadt ein Stadion“.

Schlossplatz, Karlsplatz, Schillerplatz und Marktplatz werden vor und während der EM 24 von öffentlichen Plätzen zum Aufhalten und Begegnen zu exklusiven Schauplätzen des Kommerz und der Profitgenerierung. Wer kein Interesse an den Veranstaltungen oder schlichtweg nicht die ausreichenden finan-ziellen Mittel hat, wird spätestens ab dem 14. Juni von zahlreichen öffentlichen Plätzen der Stadt ausgeschlossen.

Die Verdrängung marginalisierter Personengruppen aus dem öffentlichen Raum ist kein neues Phänomen, das erst mit der EM 2024 aufkam. Aber gerade an übermäßig kommerzialisierten Veranstalt-ungen, wie dieser, zeigt sich deutlich wie umkämpft der öffentliche Raum ist. Stuttgart soll nach außen hin glänzen und strahlen, um so den zahlstarken Gästen, die für die EM anreisen, ein Stadtbild fern von real existierenden Problemen zu präsentieren. Der öffentliche Raum wird immer mehr zu einem Ort des kapitalistischen und profitorientierten Wettbe-werbs.

Wohnungslose Menschen, die auf den öffentliche Raum als Aufenthalts-, Schlafort und Treffpunkt angewiesen sind „stören“ das glänzende Bild, das Stuttgart zur EM 2024 von sich zeigen will.

Anstatt Armutsphänomen wie Wohnungslosigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen, in dem mehr Gelder für bezahlbaren Wohnraum, soziale Arbeit, Anlauf-stellen und würdige Unterkünfte in die Hand ge-nommen wird, wird der Cannstatter Bahnhofs-vorplatz für rund 9 Millionen Euro saniert.

Die traurigen Folgen dessen: Wohnungslosen und armutsbetroffenen Menschen, die zuvor einen Treffpunkt und Aufenthaltsort am Cannstatter Bahnhofsvorplatz hatten, wurde dieser bereits seit über einem Jahr genommen. Wichtiger als die Menschen, die sich dort aufhalten, leben und wohnen sind scheinbar zahlstarke EM-Gäste.

Gleichzeitig wird die Klett-Passage am Stuttgarter Hauptbahnhof als „No-go-Area“ gelabelt, um so „noch vor der EURO 2024 Sicherheit und Sauberkeit […] zu verbessern“. Als Maßnahme werden unter anderem zuvor öffentliche Flächen nun der SSB überschrieben, wodurch Hausverbote, Vertreibung, strenge Hausordnungen und mehr Repression ermöglicht werden. Es ist davon auszugehen, dass patrouillierende private wie staatliche Sicherheits- und Ordnungskräfte alles dafür tun werden un-erwünschte Personengruppen möglichst langfristig zu vertreiben. Und das alles unter dem Motto, die Klett-Passage „ansprechender“ zu machen und „ein schönes Bild zur EURO“ (Zitat Ordnungsbürger-meister Maier) zu präsentieren.

Verdrängungsmaßnahmen und eine erhöhte Polizei-präsenz trifft neben wohnungslose Menschen, auch suchtkranke Menschen sowie migrantisierte Per-sonen, die racial profiling befürchten müssen. Auch Jugendliche, die sich mit ihren Freund*innen treffen und abhängen wollen, ohne dabei Geld ausgeben zu müssen, sind betroffen. Statt mehr Angebote und Aufenthaltsorte für Jugendliche und Subkulturen zu schaffen, gibt es wieder eine weitere Einschränkung: Die Mobile Jugendarbeit kann ihre Arbeit in der Innenstadt nicht wie gewohnt durchführen, sondern muss ihr Angebot für die EM stark reduzieren.

Hohe Geldsummen, repressive Maßnahmen und bauliche Veränderungen; alles um die „perfekte“ Stadt zu imaginieren und ein zahlkräftiges Publikum anzuziehen. Mal wieder stellen wir uns die Frage:

Wem gehört die Stadt?