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EM 2024 General Sozialkampf

Die ganze Stadt (k)ein Stadion?! – Nationalismus und Politik im Fussball

So viele Nationalflaggen wie zu EM oder WM Zeiten, sind sonst kaum in der Öffentlichkeit zu sehen. Menschen hängen Nationalflaggen aus ihren Fenstern oder Autos, nehmen sie mit zum Public Viewing, bemalen ihr Gesicht damit oder schwenken sie beim Fanmarsch. Hauptmotiv dabei ist das Ausdrücken der Unterstützung der jeweiligen Fußballnationalmannschaft und der Zugehörigkeit zu einer (Fan-)Gruppe. Hinter dem Zeigen von Nationalflaggen im Fußballkontext muss also keine schlechte Absicht stehen, dennoch kann sich da-raus eine Gefahr und Dynamik entwickeln, auf die wir aufmerksam machen wollen.

Irene Götz, eine Professorin, die seit vielen Jahren zum Thema Nationalismus forscht, sagte in einem Interview im Tagesspiegel „Party-Patriotismus trägt zur Enttabuisierung von Nationalismus bei“. Diese Aussage trifft es auf den Punkt.
Auch ohne böswillige Absicht tragen die EM und die Einteilung in Nationen dazu bei, dass die ei-gene nationale Zugehörigkeit überhöht und andere abgewertet werden. Wenn von „den Türken“ oder „den Engländern“ gesprochen wird, ist unklar wer damit genau gemeint ist. Die Nationalmannschaft? Die Fans? Alle Menschen mit der jeweiligen Staatsangehörigkeit? Oder nur solche, die eine bestimmte Verhaltensweise zeigen? Sicherlich kann man argumentieren, dass solche Aussagen meist im Rahmen von Wut oder Freude über Ergebnisse und Ereignisse rund um die Fußballspiele getätigt werden und nicht sonderlich differenziert sein sollen/müssen, in etwa wie, wenn es heißt „schei* Schiri“. Allerdings schafft Sprache Bilder in unseren Köpfen. Wenn über Wochen hinweg von „den Türken“, „den Engländern“ oder „den Deutschen“ gesprochen wird, fördert das die sprachliche und gedankliche Vorstellung unterschiedlicher Gruppen und schafft eben Bilder über „die Anderen“. Nationalismus und die künstliche Trennung von Menschen wird so normalisiert.

Neben den nicht absichtlich nationalistischen Ausdrücken und Bildern, wird der Fußball und der eh schon bestehende Nationalbezug gezielt für rechte Botschaften genutzt. So gab es einen recht großen medialen Aufschrei als der türkische National-spieler Demiral bei einem Torjubel im Spiel gegen Österreich den Wolfsgruß zeigte.
Der sogenannte Wolfsgruß ist das Zeichen der „Grauen Wölfe“ oder „Ülkücü“ Anhänger. Dies ist eine rechtsextremistische Bewegung, deren Ideologie von Nationalismus, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und Queerfeindlichkeit dominiert wird. Das Ziel der Bewegung ist die Schaffung eines groß-türkischen Reichs. Sowohl in der Türkei als auch in Deutschland gehen von Anhängern der Grauen Wölfe massive Gewalt und Übergriffe aus.
Auch, wenn das Zeigen des Wolfsgruß durch Demiral der Beginn der medialen Aufmerksamkeit war, war dies nicht das erste Mal während der EM. Bereits davor wurde der Wolfsgruß bei Fanfeiern gezeigt. Außerdem gab es mehrere Vorfälle in denen Menschen mit kurdischer Flagge von Menschen mit türkischen Flaggen angegriffen wurden.

Nach dem Vorfall mit dem Spieler Demiral, gab es durch „Turkish Ultras“ einen Aufruf, den Wolfsgruß beim Viertelfinale zu zeigen, dem einige Fans nachkamen. Für alle Menschen, die sich nicht erst seit der EM mit türkischem Faschismus und der Ülkücü-Bewegung beschäftigen, war das nicht sonderlich überraschend. Irritierend war eher, dass es so einen großen medialen Aufschrei gab. Nicht, weil dieser nicht angemessen war, sondern weil sich die deutschen Medien und Politik sonst recht wenig dafür interessieren. So setzt die deutsche Politik schon lange mehr auf die Bekämpfung emanzipatorischer kurdischer Bewegungen und kriminalisiert diese (viele kurdische Aktivist*innen sind mit massiven Repressionen konfrontiert, kurdische Proteste werden genauestens beobachtet und die „PKK“ als vermeintliche Terrororganisation verboten) als auf die Bekämpfung von türkischem Faschismus. Die Ülkücü-Bewegung wird zwar vom Verfassungsschutz beobachtet, der Wolfsgruß ist aber anders als in Österreich und Frankreich nicht verboten.

In Berlin wurde der türkische Fanmarsch wegen dem mehrfachen Zeigen des Wolfsgruß unter- und abgebrochen. Politische Botschaften seien bei einem Fanmarsch nicht erlaubt, so die Polizei. Die UEFA sperrte Demiral für zwei Spiele nach dem Zeigen des Wolfsgruß für die Nichteinhaltung allgemeiner Verhaltensgrundsätze und dem Nutzen von Sportereignissen für Kundgebungen nicht-sportlicher Art.
So wird eine politische (rechte) Geste zwar sanktioniert, aber trotzdem nicht eingeordnet, sondern entpolitisiert. Auch schlossen sich viele Kommentare in den Medien der Aussage an, dass der Wolfsgruß natürlich nicht in Ordnung sei, aber vor allem die EM und Fußball kein Platz für politische Ausein-andersetzungen sei.

Wir fragen uns, wie kann Fußball überhaupt unpolitisch sein?

Überall wo Menschen zusammenkommen ist ein politischer Raum. Besonders, wenn es um Nationen, also politische Konstrukte, geht und politische Staatsoberhäupter unter großem Tamtam die Spiele besuchen. Der scheinbar unpolitische Raum wird von rechten Akteuren genutzt. So waren „Stop the boats“ Banner von englischen Fans zu sehen, „Defend Europe“ Flaggen von österreichischen und tschechischen Fans, in Dortmund wurde von italienischen Fans der Hitlergruß gezeigt, rumänische Hools posierten mit „Bucharest against Antifa“ und ausgehend von albanischen und kroatischen Fans gab es Gesänge mit „Tötet Serben“. Das ist nur eine kleine Auswahl an Vorfällen rund um die EM, über die es wenig Berichtserstattung gab. Ist das dieser unpolitische Raum? In einigen Fällen reagierte die UEFA mit dem Sperren von Spielern und Geldstrafen für Fußballverbände, trotzdem wird kaum darüber gesprochen. Bekämpft man so die extreme Rechte, Nationalismus und Faschismus? Die nationalistischen Auswüchse der EM und das Nichtthematisieren, Tabuisieren und Entpolitisieren haben reale Auswirkungen auf Menschen. Wie sicher können sich kurdische oder alevitische Menschen fühlen, wenn Fanmärsche mit Wolfsgrüßen durch die Straßen ziehen? Wie sicher können sich geflüchtete Menschen fühlen, wenn sie an Fans mit „Stop the boats“ und „Defend Europe“ Bannern vorbei laufen? Wie sicher können sich jüdische Menschen fühlen, wenn in den Straßen Hitlergrüße gezeigt werden? Wie sicher können sich Antifaschist*innen fühlen, wenn es „Bucharest against Antifa“ heißt? Wie sicher können sich migrantisierte Menschen fühlen, wenn Gesänge wie „Ausländer raus“ ertönen und nazistische Tattoos und Zeichen offen gezeigt werden? Wie sicher können sich serbische Menschen im Stadion fühlen, wenn neben ihnen „tötet Serben“ gerufen wird?

Orte, die eben durch den starken Nationalbezug, ein Anknüpfungspunkt für rechte und extrem rechte Akteure darstellen, dürfen nicht entpolitisiert werden, denn das macht sie nicht unpolitisch, sondern verschleiert rechte Einflüsse, verkennt die Gefahr für Betroffene und normalisiert rechte Botschaften.
Wir sehen, dass Fußball und die Freude über den Sieg der favorisierten Mannschaft verbindend sein kann, sowohl innerhalb der eigenen Fangruppe, als auch darüber hinaus. Auch wir haben die Bilder von zusammen feiernden Fans gesehen, die nicht derselben Mannschaft anhängen. Wir haben aber auch die Bilder gesehen wie „gegnerische“ Fans aufeinander losgehen, sich prügeln, wie Stereotype und Vorurteile wiederholt werden und Feindbilder gezeichnet werden.

Irene Götz sagt dazu passenderweise: „Fußball ist nicht der Auslöser, aber er ist etwas, was diese Normalisierung des Umgangs mit dem Nationalen und auch den Missbrauch vorantreiben kann.“

Wir wollen nicht leugnen, dass das Gefühl von nationaler Zugehörigkeit Sicherheit bieten und Identität stiften kann. Allerdings ist es immer zugleich eine Abgrenzung gegenüber anderen, die Anknüpfungspunkte für Abwertung, Nationalismus und rechte Narrative bietet.

Wer Nationalflaggen schwenkt, sich aber nicht mit Nationalismus auseinandersetzen möchte, bietet genau diesem ein Einfallstor!

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EM 2024 General Sozialkampf

Die ganze Stadt (k)ein Stadion?! – Polizei

Spätestens seit dem Beginn der EM hat sich Stuttgart in ein mit Polizist*innen, Kastenwägen, Drohnen, Gittern und Pollern gefülltes Stadion verwandelt. Ob in Bad Cannstatt, am Hauptbahnhof, am Rotebühlplatz oder anders wo – es ist nahezu unmöglich durch die Stadt zu gehen und nicht an schwer bewaffneten Beamt*innen vorbeizulaufen. An Spieltagen sollen bis zu 2.500 Polizist*innen im Einsatz sein. Seit Monaten üben die Einsatzkräfte Extremsituationen und werden auf Ausschreitungen zwischen den Fans, die Gefahr eines Terroranschlags oder auch Proteste und Demonstrationen am Rande der EM vorbereitet. Zudem werden Überwachungsmethoden wie vermehrte Sicherheitskameras und Drohnen benutzt. Das einfache Schlendern oder Aufenthalten in der Stadt steht also für mindestens einen Monat unter der ständigen und massiven Beobachtung der Polizei.

Dieses ganze Aufgebot steht unter dem Motto der „Sicherheit“, aber Sicherheit für wen?

Nicht für jede*n bedeutet die Präsenz der Polizei Sicherheit, im Gegenteil, für viele Menschen ist das eine potenzielle Bedrohung. Migrantisierte Personen sind nun einem noch höheren Risiko von Racial Profiling ausgesetzt (eine Praxis, bei der die Polizei Menschen aufgrund (zugeschriebener) Herkunft, Religionszugehörigkeit oder Hautfarbe pauschal als verdächtig abstempelt und aufgrund-dessen vermehrt kontrolliert).

Auch wohnungslose Menschen müssen mit einer verstärkten Vertreibung durch die Polizei rechnen, genauso wie Jugendliche und drogenabhängige Personen, die häufig polizeilichen Maßnahmen unterzogen werden. Neben der realen Bedrohung von Vertreibung und Polizeigewalt, haben einige bereits traumatische Erfahrungen mit Polizist*innen oder im Polizeigewahrsam gemacht, so dass schon die reine Anwesenheit der Beamt*innen zu Panik führen kann.

Marginalisierte Gruppen sind nun für mindestens einen Monat einem noch höheren Risiko der Schikane, Gewalt und Strafverfolgung ausgesetzt. Die Polizei wird also zu einem zentralen Moment der Vertreibung und Verdrängung, die wir in unserem ersten Beitrag zur kritischen Einordnung der EM thematisiert haben.

Auch für Menschen in psychischen Ausnahme-situationen ist die Präsenz von bewaffneter Polizei eine zusätzliche Gefahr. Bereits dieses Jahr wurden mehrere Menschen in Deutschland in psychischen Ausnahmesituationen von der Polizei erschossen. Wir erinnern an dieser Stelle an Lamin Touray. Als sich Lamin Tourey in einer psychischen Ausnahmesituation befand, wählte seine Freundin den Notruf und fragte nach professioneller Hilfe. Statt professioneller Hilfe kamen 14 Polizist*innen, die statt zu deeskalieren aggressiv auf Lamin zugingen. Die Situation eskalierte und sie töteten ihn mit 8 Schüssen.

In Artikeln, die von der Vorbereitung der Polizei auf die EM berichten, wird die Stuttgarter Polizei als eine „gute und erfahrene Polizei“ bezeichnet und ihr somit die Wahrung der Sicherheit der Menschen zugeschrieben. Diese „gute und erfahrene Polizei“ ist dieselbe, die am diesjährigen 1. Mai (und auch an weiteren linken Aktionen und Demonstrationen) die Demonstration in Stuttgart angegriffen, 97 Personen verletzt und friedliche Demonstrierende stundenlang eingekesselt hat. Diese „gute und erfahrene Polizei“ ist dieselbe, deren ranghöchster Polizist Andreas Renner wegen sexueller Belästigung vor Gericht steht. Diese „gute und erfahrene Polizei“ ist dieselbe, die am Eckensee in Stuttgart massiv Racial Profiling und übermäßige Kontrollen jugendlicher Gruppen betrieben hat und somit Auslöser der sogenannten Stuttgarter Krawallnacht war.

„Gut“ und „Erfahren“ bezieht sich hier demnach nicht auf die Wahrung der Sicherheit aller Menschen, sondern viel eher auf die Durchsetzung eines rassistischen, patriarchalen und kapitalistischen Systems.

Ein weiteres Mal zeigt sich also, dass die EM die Stadt Stuttgart zu einem Stadion voller Gewalt, Vertreibung und Übergriffen macht. Die verstärkte Polizeipräsenz sorgt dafür, dass die Stadt vor allem für sowieso schon marginalisierte und gewaltbetroffene Menschen noch unsicherer wird und mit noch mehr Ängsten und Risiken verbunden ist. Das wahre Ziel all dieser polizeilichen Maßnahmen ist eben nicht die Sicherheit aller Menschen, sondern das Durchsetzen einer kommerziellen Veranstaltung, die nur einigen wenigen Funktionären in die Taschen spielt. Die Stuttgarter Polizei schützt damit nicht eine Stadt für Alle, sondern eine Stadt für den Profit.

Wir sagen also erneut:

Die ganze Stadt (k)ein Stadion?! Die ganze Stadt und Allen!

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EM 2024 Feminismus

Die ganze Stadt (k)ein Stadion?! – Queerfeindlichkeit, Sexismus und Gewalt

Überfüllte Bahnen, betrunkene Menschen, Kotze an jeder Ecke und sexistische Sprüche – ist schon wieder Wasen? Nein, aber bei der anstehenden EM erwartet uns leider Ähnliches.

Wie auch zu Wasenzeiten werden viele Frauen und weiblich gelesen Personen in den kommenden Wochen wieder verschiedenste Orte in Stuttgart meiden. Diesmal ist nicht nur Bad Cannstatt betroffen, sondern die gesamte Innenstadt. Die Orte, die als unsicher empfunden werden, werden mehr. Viele Orte werden sich nicht nur bei Nacht unsicher anfühlen, sondern auch bei Tag, denn die Stadt wird voll sein mit alkoholisierten Männergruppen. Das Unsicherheitsgefühl vieler Frauen und weiblich gelesener Personen steigt je mehr fremde Männer in ihrer Nähe sind, besonders wenn die Männer in Gruppen unter-wegs sind und noch mehr, wenn die Männer alkoholisiert sind.

Dabei geht es um mehr als nur um ein Gefühl: Es bedeutet Wachsamkeit, Planung und Einschränkung. Es werden Plätze aktiv gemieden oder umfahren. Geplant, um nicht alleine heim laufen zu müssen oder Pläne abgesagt. Unterwegs ist man wachsam, hat die Umgebung jederzeit im Blick, steht unter Spannung. Und hinter diesem ständigen Gefühl der Unsicherheit, dem daraus resultierenden Stress und der Einschränkungen, steht die furchtbare Realität: Die Angst ist begründet. Catcalling findet statt. Belästigung findet statt. Sexualisierte Übergriffe finden statt.

Nach dem Fußball-WM Finale 2018 in Frankreich meldeten sich etliche Betroffene und berichteten an diesem Abend sexuell belästigt geworden zu sein (#MeTooFoot). Dabei rechtfertigten die Täter ihre Taten mit der WM und dem Sieg. So hörten Frauen, während sie belästigt wurden, Sätze wie „Komm schon, wir sind doch Weltmeister“ oder „Als Weltmeister darf man sowas“.

Diese Geschehnisse haben in aller erster Linie nichts mit Fußball zu tun. Allerdings zeichnen sich in vielen Stadien, Fanszenen und –clubs toxische Männlichkeitsbilder deutlich ab. Und all die problematischen Strukturen und Verhaltensweisen, die wir so schon in Stadien, Fanclubs und Umfeld finden, potenzieren sich bei der EM.

Natürlich sind nicht alle Fanstrukturen und Fußballfans toxisch männlich, aber die Strukturen sind vorhanden und das hat Auswirkungen. Es gibt nach wie vor in Deutschland keinen als schwul oder queer geouteten aktiven Profifußballspieler. Dabei müsste man geschätzt von 125-250 schwulen Profifußballspielern ausgehen. Auf diese Weise die sexuelle Orientierung zu schätzen ist natürlich unsinnig, allerdings ist klar: Es gibt nicht nur heterosexuelle Profifußballer. Passive ge-outete Fußballer, die sich eben erst nach ihrer Karriere outen konnten, sind der beste Beweis.

Die Angst vor Stigmatisierung durch Mannschaftskollegen, Trainer und Fans ist zu groß, denn in der toxisch männlichen Vorstellung darf Homosexualität (unter Männern) nicht sein. Schaut man über das Jahr hinweg während Bundesligaspielen in deutsche Stadien und Fankurven, wird einem mehr als nur einmal ein homophobes Banner oder Sprüche auffallen.

Erinnern wir uns ein paar Monate zurück, gab es im Internet eine riesige Empörung als die Farbe (rosa) der Auswärtstrikots der deutschen Nationalmannschaft bekannt gegeben wurden. Es wurde sich nicht beschwert, weil irgendwer rosa einfach eine hässliche Farbe findet, sondern mit misogynen, homophoben und transfeindlichen Aussagen um sich geworfen.

All diese toxischen Strukturen und die damit verbundene Misygonie und Queerfeindlichkeit sorgen dafür, dass die Stadt während der EM nicht nur ein unsicherer Ort für Frauen und weiblich gelesene Personen, sondern auch für queere Menschen ist.

Zudem sind in Stuttgart zwei Spiele, bei denen die ungarische Nationalmannschaft spielt. Während die meisten Ultra-Gruppierungen keinen Bezug zur EM und WM haben, gibt es in Ungarn den EM/WM-spezifischen Zusammenschluss der „Carpathian Brigade 09“. Sie werden als ”paramilitärische Gruppe, die aus Neonazis besteht” beschrieben. Ihr „Support“ während Spielen bestand in der Vergangenheit aus rassistischen, insbesondere antiziganistischen, antisemitischen, queerfeindlichen und rechten Sprüchen und Gesängen.

Öffentliche Plätze, Züge, Gassen und Stadien werden also unsicherer für Frauen und Queers. Aber leider hört es da nicht auf. Der eh schon gefährlichste Ort für gewaltbetroffene Menschen wird noch gefährlicher: Ihr Zuhause.

Partnerschaftliche Gewalt, wovon vor allem Frauen betroffen sind, steigt an Spieltagen. Das zeigen Polizeistatistiken und Studien. Die Höhe des Anstiegs unterscheidet sich in verschiedenen Studien von 7,5% bis 38%, aber alle zeigen, dass es einen Anstieg und somit einen Zusammenhang von Profifußballspielen und Beziehungsgewalt gibt. Dieser scheint relativ unabhängig vom Ausgang des Spiels zu sein und vielmehr von der Menge des Alkohols beeinflusst zu werden. Fakt ist, auch während dieser EM werden mehr Menschen mehr Gewalt erleben müssen.

Natürlich ist das bloße Stattfinden der EM nicht die Ursache all der genannten Dinge. Sexualisierte Übergriffe, Belästigung und sexistisches Verhalten wird es in einem patriarchalen System immer geben. Um dies endgültig zu verhindern, müssen wir das Patriarchat mit all seinen Strukturen über-winden. Dennoch müssen wir über die Verstärkung der patriarchalen Gewalt und Übergriffigkeit während der EM sprechen, aufeinander achten und solidarisch mit Betroffenen sein.

Die ganze Stadt (k)ein Stadion?!

Die ganze Stadt uns Allen!